AWO Brandenburg e.V.

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Erstes Pflegestärkungsgesetz – jahrelanger Stillstand wird nicht aufgeholt

17.10.2014 AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker erklärt zur heutigen Abstimmung über das erste Pflegestärkungsgesetz im Bundestag: „Grundsätzlich begrüßen wir es, wenn die Situation der Pflege in Deutschland verbessert werden soll. Doch die geplanten Leistungsverbesserungen helfen nicht, den jahrelangen Stillstand in der Pflege wieder gut zu machen. Die grundsätzlich notwendigen Reformschritte, wie eine nachhaltige Finanzierung sowie die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, geht diese Reform nicht an.

Zudem wird diese Reform nicht nur in zwei Schritten geplant, sondern macht auch noch den zweiten Schritt vor dem Ersten. So sollen zwar in dem jetzigen ersten Schritt deutliche Leistungsverbesserungen umgesetzt, aber erst in einer zweiten Reformstufe soll, voraussichtlich 2017, der seit 2011 vorliegende neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt werden.

Auch wenn die jetzt geplanten Leistungsverbesserungen dringend notwendig sind, erschwert dieses Vorgehen eine gezielte und systematische Verzahnung und Abstimmung von Leistungsverbesserungen im Sinne des neuen Pflegebegriffs.

Leistungsverbesserungen
Durch das erste Pflegestärkungsgesetz erfolgt die dringend notwendige Anpassung der Leistungen der Pflegeversicherung. Die Größenordnung gleicht aber bei weitem nicht die schleichende Entwertung der Pflegeleistungen in den letzten Jahren bzw. zwei Jahrzehnten aus. Eine Leistungsdynamisierung in Anlehnung an die Inflation, wie sie derzeit vorgesehen ist, hält den  Kaufkraftverlust der Pflegeversicherungsleistungen nicht auf, da zukünftige Lohnsteigerungen des Pflegepersonals nicht miteingerechnet werden. Die AWO fordert deshalb, eine jährliche  automatische Anpassung der Höhe der Leistungen der Pflegeversicherung, die neben der Inflation auch die Lohnentwicklung miteinbezieht.

Wir begrüßen außerordentlich  die Anerkennung von tariflicher Bezahlung der Beschäftigten, in dem sie endlich nicht mehr als unwirtschaftlich eingestuft werden darf.

Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen
Die AWO begrüßt grundsätzlich die Absicht des Gesetzgebers, zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen von Pflegebedürftigen zu übernehmen, da dies von den Menschen so gewünscht wird. Dennoch fordert sie, die Betreuungs- und Entlastungsleistungen zu einem Leistungspaket zusammenzuführen.

Aus Sicht der AWO resultieren hier aus der Umsetzung erhebliche Probleme. Besonders in Bezug auf die haushaltsnahen Dienstleistungen sehen wir die Gefahr, dass diese Leistungen ein Einfallstor zur Schaffung von Niedriglohnbereichen unterhalb des Pflegemindestlohns sowie für prekäre Beschäftigungsverhältnisse insbesondere von Frauen darstellen können. Darüber hinaus ist bisher unklar, wie die Qualität der Leistungsangebote sichergestellt werden kann.

Vorsorgefonds
Der geplante Vorsorgefond stellt keine nachhaltige, solide und gerechte Finanzierungsbasis für eine stetig alternde Gesellschaft dar. Die Pflegeversicherung benötigt das Geld heute. Statt wie geplant, das notwendige Kapital den unsicheren Finanzmärkten anzuvertrauen, sollte es in die regelhafte Dynamisierung von Leistungen investiert werden. Darüber hinaus können diese Rücklagen vor dem Zugriff späterer Regierungen so nicht geschützt werden.

Finanzierung
Der Hauptbaustein einer Pflegeversicherungsreform sollte nach Auffassung der AWO in einer grundlegenden Reform der Einnahmebasis der Pflegeversicherung liegen. Dass die Ausgaben steigen, ist aufgrund der demografischen Entwicklung nicht zu ändern. Wenn man die Beiträge zur Pflegeversicherung auf alle Einkommensarten erheben würde, dann könnte man einen grundsätzlichen Fehler der Pflegeversicherung endlich beheben. Machen wir so weiter, dann müssen die Erwerbstätigen die Pflege mit immer höheren Beiträgen schultern.

Zur AWO Stellungnahme zum Entwurf der Bunderegierung
für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Leistungsausweitung für Pflegebedürftige, Pflegevorsorgefonds
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